Von Paul zu Pedro - Amouresken von Franziska Gräfin zu Reventlow -
Der Roman "Von Paul zu Pedro" behandelt in 19 Briefen einer Frau an einen 'Freund' Themen wie Liebe, Erotik, Liebhaber, Ehe, Treue und Alter. Im Stil einer klassischen Hetäre lässt Franziska Gräfin zu Reventlow ihre Protagonistin ganz elegant über die verschiedenen Spielarten ihres Liebeslebens plaudern - stets mit viel Esprit und Humor, mit spöttischer Leichtigkeit und sogar mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Ihre lebensklugen Erkenntnisse teilt die Ich-Erzählerin mit einem als 'Doktor' bezeichneten Briefpartner - dahinter darf man keinen Geringeren als den Schriftsteller Franz Hessel vermuten -, dem sie vertrauensvoll tiefe Einblicke in ihr libertäres Liebesleben gewährt und ihn gleichzeitig in die verschiedenen Charaktere ihrer jeweiligen Liebespartner einweiht. Nun entwickelt sie eine wunderbar boshafte Typenlehre der Männerwelt: Da gibt es beispielsweise den Typus 'Retter', der an die "wahre Liebe" glaubt und doch nur an Selbstüberschätzung leidet. Oder die elegante 'Begleitdogge', die "zum Verzagen langweilig, aber unwiderstehlich elegant" ist und die "möglichst passend zur Garderobe der Dame" gekleidet in Erscheinung treten sollte, dann den 'Cœurbuben' und den 'fremden Herrn', den 'Salonschurken' und den 'verheirateten Mann', der für "tiefe Sensation ohne Gemütsbeteiligung" steht. Und nicht zu vergessen all die vielen anderen 'Pauls und Pedros' ...
Reventlows Briefroman ist eine amüsante Studie über das Wesen der erotischen Liebe und der darin gefangenen Protagonisten, der auch über hundert Jahre nach seinem Erscheinen keineswegs altmodisch oder gar verstaubt wirkt. Es sind Geschichten, die ohne Reue und Herzschmerz aus dem Alltag der Ich-Erzählerin berichten und starke Parallelen zum Leben der Franziska Gräfin zu Reventlow aufweisen. Sie sind typisch für die Autorin, die man bisher stets als wehmütig-sentimentale, eigentlich aber unbekümmerte Bohèmienne betrachtet hat, lächelnd über alle Schwierigkeiten der jeweilig widrigen Lebensumstände hinweg tanzend, und dabei vor sich selbst immer Herrin der Situation bleibend. Die amourösen An- und Einsichten, mit anmutiger und zugleich erotischer Eleganz von Susanne Alt kongenial interpretiert, sind bei aller Leichtigkeit doch sorgfältig durchgeformte Prosawerke. Die Autorin entwickelte daraus insgesamt eine Parodie auf den damals vorherrschenden bürgerlich-weiblich geprägten Briefroman. Dadurch wird zugleich der Text zur Travestie des bürgerlich-männlich geprägten Entwicklungsromans. Bezeichnet hat sie diese Form als 'Amouresken', anlehnend an das Spielerische, Zufällige, Chaotische und Ausschweifende, wobei die Nebensächlichkeiten zur eigentlichen Hauptsache werden.
Coverabbildung: Unter Verwendung einer Gouache von Egon Schiele: Sitzende Frau mit hochgezogenem Knie, 1917.
Susanne Alt, geboren 1986 in Nürnberg, studierte Sprechkunst an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Währenddessen war sie bereits als Sprecherin für den SWR und den Deutschlandfunk aktiv, es folgten Sprecheraufträge für TV- und Onlinewerbespots. Parallel zu ihrem Studium durchlief Susanne Alt an der Hochschule der Medien in Stuttgart die Ausbildung zur Redakteurin und Moderatorin und gewann 2013 den Klassik-Radio-Wettbewerb "Die neue Stimme". Nach Abschluss des Studiums absolvierte sie in Hamburg bei Klassik Radio ein journalistisches Volontariat und moderierte dort täglich ihre eigene Sendung. Seit 2015 arbeitet Susanne Alt im Sprecherensemble des Bayerischen Rundfunks und ist zudem als Journalistin tätig. Sie moderiert Musiksendungen auf Bayern 2 und BR-KLASSIK, schreibt Sendemanuskripte und ist als Reporterin für die unterschiedlichsten Programme des Bayerischen Rundfunks im Einsatz. Außerdem ist ihre Stimme in Radiofeatures zu hören.