Nikita Chruschtschow mahnte eindringlich auf dem 22. Parteitag der KPdSU: "Es ist unsere Pflicht, derartige Angelegenheiten, die mit dem Mißbrauch der Macht zusammenhängen, sorgfältig und allseitig zu klären. Solange wir arbeiten, können und müssen wir vieles klarstellen und der Partei und dem Volk die Wahrheit sagen..."
Mit dieser Erklärung setzte er sich für ein literarisches Werk ein, das nach Erscheinen sofort Weltruhm erlangte. Es bringt keine sensationellen Enthüllungen, sondern die nüchterne, mikroskopisch genaue Untersuchung des Lagerlebens in Sibirien, so wie es von den Opfern der stalinistischen Periode erlebt wurde. "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" von Alexander Solschenizyn zählte zu den größten literarischen Ereignissen der Tauwetter-Periode in den UdSSR. Erstmals wagte ein sowjetischer Autor das Tabuthema des stalinistischen Lagersystems unverblümt darzustellen.
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, geboren am 11. Dezember 1918 in Südrussland arbeitete nach dem Mathematik- und Philosophiestudium als Lehrer. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er gegen die Deutschen.¿¿Weil er sich kritisch über den Stalinismus geäußert hatte, verhaftete man ihn kurz vor Kriegsende, und er verbrachte die Zeit von 1945 bis 1956 in Strafgefangenen-Lagern. Dann wurde er rehabilitiert - vermutlich auch deshalb, weil man aufgrund einer Krebserkrankung mit seinem baldigen Tod rechnete.¿¿Seine Kritik an den Verhältnissen in der UdSSR veranlasste den sowjetischen Schriftstellerverband, Solschenizyn im November 1969 auszuschließen. Ein Jahr später sprach ihm die Schwedische Akademie den Nobelpreis für Literatur zu.¿¿1958 bis 1967 hatte Alexander Solschenizyn heimlich an einem aus Einzelschicksalen zusammengesetzten Panorama des kommunistischen Straflagersystems gearbeitet. Der erste Teil erschien 1973 in Paris: "Der Archipel Gulag". Im Februar 1974 wurde er verhaftet und musste die Sowjetunion verlassen.