Für Voltaire genoss Dante den höchsten Ruhm, den man als Dichter überhaupt erklimmen konnte. Dieser war nämlich berühmt, ohne das man ihn großartig gelesen hätte. Dantes "Göttliche Komödie" ist in den Schatz der Menschheit mehr oder weniger durch Hörensagen eingegangen. Immerhin haben sich zahlreiche Deutsche an eine Übersetzung gewagt, wobei Stefan George als Expressionist das größte Risiko auf sich genommen hat. Mittlerweile ist zwar der Expressionismus aus der Mode gekommen, aber auf der Sprechbühne zeitigt er immer noch eine gewaltige emotionale Wirkung. Vorausgesetzt, dass der Schauspieler genügend Mittel hat, den Text zu bewältigen. Mit Dirk Glodde, der derzeit am Theater Basel engagiert ist, hat Stefan George jenen Interpreten gefunden, der seine Dichtung ins 21. Jahrhundert hinüber rettet. "Die Kunst des Sprechens nämlich", schrieb Ossip Mandelstam, "entstellt unser Gesicht, zerreißt seine Ruhe, zerstört seine Maske."
VORREDE DER ERSTEN AUFLAGE
Der verfasser dieser übertragungen dachte nie an einen vollständigen umguss der Göttlichen Komödie: dazu hält er ein menschliches wirkungsleben kaum für ausreichend. Stellen (episoden) zu geben sieht er sich dadurch berechtigt dass auf diesem weg · nicht mit dem ersten gesang beginnend und dem lezten aufhörend · ihm wie vielen das eindringen gelang - und später der trieb zur arbeit kam. Er weiss dass das ungeheure welt- staats- und kirchengebäude nur aus dem ganzen werk begriffen wird. Was er aber fruchtbar zu machen glaubt ist das dichterische · ton bewegung gestalt: alles wodurch Dante für jedes in betracht kommende volk (mithin auch für uns) am anfang aller Neuen Dichtung steht.