Die Brüder Grimm oder H.C. Andersen hatten sich bestimmt nicht gedacht, dass ihre Märchen einmal als Vorlage für Dagmar Hermann dienen und im 21. Jahrhundert spielen. Diese wunderbaren Geschichten sprechen allein für sich. Aber das Sahnehäubchen sind dann die wundervolle Illustrationen der Autorin und ihrer Enkeltochter Miriam Esdohr zu jeder Geschichte.
Da haben wir zunächst den Kaiser Kokolores und seine neue Kleider. Er herrschte im Land mit Namen Wirsindwer, was mitten in Europa liegt. Die zwei ebenso gewitzten wie talentierten Schneidergesellen Wusel und Wastel, die ohne Arbeit und Brot waren, da die Leute es sich nicht mehr leisten konnten, sich Kleider nach Maß anfertigen zu lassen, sondern in Billigmärkten und Zweitehandläden einkaufen mussten, hatten einen Plan.
Die sich langweilende Prinzessin Rosemunde aus dem Schloss im Reiche Klumperdeick ist ganze süße siebzehn, jeder Wunsch wird ihr von den Augen abgelesen. An einem milden Frühlingstag, als sich Rosemunde wieder einmal gelangweilt und gähnend, lustlos mit einer goldenen Fliegenklappe nach den Stubenfliegen schlagend, auf dem seidenen Diwan rekelt und düster seufzend ihre übliche Klage anstimmt: “Mir ist ja sooooooo langweiliiiiiig!”, an diesem Tage sollte doch noch etwas Außergewöhnliches passieren.
Der Rattenfänger — Geschichte mit einer Moral. An einem anhand eines Datums nicht mehr zu bestimmenden Tag geschah in der kleinen, inmitten des schönsten Teils des Weserberglands gelegenen Stadt Hämela etwas für sich besehen Belangloses, das den bislang in keiner Chronik verzeichneten Ort schlagartig ins Licht der Öffentlichkeit rückte und ihm zu einer fragwürdigen Berühmtheit verhalf. In dem verschlafenen Städtchen, in dem die Zeiger der Uhr stehengeblieben zu sein schienen. Es erschienen nämlich viele Ratten und Valentin. Was dann geschah…..
Im Märchen «Der Froschkönig» sind wir im Königreich Plattafundien angelangt. Dort trug sich eine tollen Geschichte zu, die das täglich Brot der Klatsch-und-Tratsch-Presse sind. Im Nu war es in aller Munde, Tanten, Muttis und Omis zerrissen sich beim Kaffeeklatsch, seien wir höflich, den Mund, Teenies simsten wie wild durch die Gegend, und, wie nicht anders zu erwarten, beim Bäcker und Friseur kam dem Kunden ein freudig erregtes «Haben Sie schon gehört?» entgegen, demzufolge sich die Angelegenheit wie ein Lauffeuer in alle Winde verbreitete.
Dann haben wir noch Cinderella — Wenn Märchen wahr werden. In einem würdevollen, dem Tudorstil nachempfundenen Herrenhaus, inmitten urwüchsiger Schwarzwälder, wurde die britische Lebensart hochgehalten. Hier befand sich Mister Genchmans von den Unbillen der Zeitläufte abgeschottete Welt, ein kleines Paradies, in welchem er dennoch ein nach wie vor einflussreiches Imperium erschaffen hatte. Er hatte gemeinsam mit seiner lieber Frau eine kleine, süße Tochter. Zu der Zeit begab es sich auch, dass Mister Genchman eine Wirtschafterin ins Haus nahm, damit sich Frau Genchmann vollkommen ihrer Aufgabe als Mutter widmen konnte. Mit dem Einzug von Frau Wachtel trat das Unglück über die Schwelle, im Gefolge von zwei Töchtern, die schon früh Halbwaisen geworden waren. Frau Wachtel war eine stattliche Frau von hohem Wuchs und gebieterischem Auftreten, was einer Wirtschafterin zugute gehalten werden könnte. Im Nu hatte sie alles im Griff, was die Haushalts— und Betriebsführung anging. Alles tanzte nach ihrer Pfeife. Wie konnte das gut ausgehen?
Text Gunter Pirntke, freier Dozent, Autor und Verleger