Als ihr Mann Rüdiger sie verlässt, bricht für Roxanne eine Welt zusammen. In ihrem Schmerz ist sie nahezu handlungsunfähig und vernachlässigt sich und ihre 8-jährige Tochter Jennifer. Da holt ihr Vater, Alfred Konrads, sie zu sich nach Hause und versucht, sie wieder aufzubauen. Jennifer vermisst ihren Vater und leidet sehr unter den neuen Verhältnissen, die sie sich nicht erklären kann…
Das kleine Mädchen starrte mit verzücktem Gesichtsausdruck die vielen einfallsreich geschmückten Wagen des Festzugs an. «Schön», sagte es immer wieder hingerissen. «Schön.» Und jedesmal, wenn ein neuer, scheinbar noch üppiger geschmückter, unter der Last der aufwendigen Dekorationen aus Heidekraut und Blumen schier zusammenbrechender Wagen vorbeifuhr, hörte man wieder dieses ergreifende «Schön». Die junge, auffallend zierliche Frau fand die so überschwenglich geäußerte Begeisterung des kleinen Mädchens mit den großen Brombeeraugen und den schwarzen Kringellöckchen einfach goldig. Und deshalb dachte sie auch nicht daran, den hart erkämpften Platz am Straßenrand zu räumen, obwohl das Gedränge und Geschiebe der anderen Zuschauer bisweilen unerträglich wurde. Es handelte sich um Mutter und Tochter, wie man nicht auf den ersten Blick sehen konnte, denn die Ähnlichkeit offenbarte sich erst beim zweiten Hinsehen. Das freundlichsanfte Lächeln hatte die kleine lebhafte Angelina, die ein eher südländisches Aussehen besaß, von ihrer blonden blauäugigen Mama übernommen, deren liebenswertes natürliches Wesen sie glücklicherweise geerbt hatte. Mutter und Tochter verstanden einander bestens und hingen mit großer Zärtlichkeit aneinander. Die Harmonie dieser Beziehung, die spannungsfrei war und geprägt von unglaublichem gegenseitigem Verständnis, offenbarte sich auch dem flüchtigen Zuschauer, weil leider sehr selten, und so streifte manch bewundernder Blick die hübsche junge Frau und das dunkelhaarige kleine Mädchen im knallroten Sommerkleid. Das hatte einzig Augen für den Festzug, der an diesem Sonntag, dem letzten im August, in Schneverdingen stattfand, dem geliebten Ferien— und Luftkurort am Westrand des Naturschutzgebiets in der derzeit herrlich blühenden Lüneburger Heide. Und wieder seufzte es: «Schön. Oh, wie schön!» «So sehr gefällt dir der Festumzug, Angelina?» erkundigte sich Annette von Herkensee bei ihrer kleinen Tochter. «O ja. Es ist alles so schön, Mami», rief das sechsjährige Mädchen und ließ den Festumzug nicht aus den Augen. «Schön, oh, sieh doch nur, wie schön dieser Wagen ist.