Luigi Pirandello, der Dramatiker und Erzähler, hatte die Angewohnheit, am Sonntagvormittag Sprechstunden für Personen abzuhalten, die aufgrund ihres besonderen Schicksals in seine Stücke oder Erzählungen aufgenommen werden wollten. Manche, die besonders aufsässig waren, schickte er wieder fort, aber den meisten lieh er sein Ohr, und so entstand nicht nur das weltberühmte Theaterstück Sechs Personen suchen einen Autor, sondern auch ein Großteil seiner Novellen. Mit dieser ironischen Selbstbeschreibung seiner Arbeit eröffnet der vorliegende Band, um dann in die ebenso karge wie intensive Lebenswelt Siziliens einzumünden. Große und kleine Tragödien von Witwen und Waisen, Frommen und Frömmlern — Grotesken, die das menschliche Maß übersteigen und doch mitten aus dem Leben gegriffen sind. All diese leidvollen und mit tiefer Empathie beschriebenen Verhältnisse — die alte Mutter, die ihren hilfsbereiten Sohn nicht sehen will, der Mann, der immer im Schlaf lacht, die junge Witwe und der alte Witwer, die sich in ihrer Hochzeitsnacht auf dem Friedhof einfinden — haben ein erschütterndes oder absurdes Geheimnis. Über allem waltet der klare südliche Himmel, in dem der junge Ciàula, der nur die Arbeit im Schwefelbergwerk kennt, eines Nachts zum ersten Mal den Mond entdeckt.