Juni 1945. Weesow bei Werneuchen, vor den Toren von Berlin. In einem sowjetischen Internierungslager hat sich ein Häftling auf der Toilette erhängt. Karl Neumann, NSDAP-Mitglied seit 1930, war im Dritten Reich der Mann, der Walt Disney Konkurrenz machen und als Betriebsführer der Deutschen Zeichenfilm GmbH eine Trickfilm-Produktion nach amerikanischem Muster aufbauen sollte: keine animierten Propagandafilme, sondern bunte, völlig harmlose Tierfabeln für die ganze Familie. Hitler und Goebbels waren nämlich erklärte Fans disney-animierter Wald-und-Wiesen-Romantik à la SCHNEEWITTCHEN UND DIE SIEBEN ZWERGE — und Goebbels war der Meinung: Was die Amerikaner können, können wir Deutschen ebenso gut oder noch besser.
In “Bienenstich und Hakenkreuz” schildert Dr. Rolf Giesen anhand einer Vielzahl von Interviews mit Zeitzeugen die abenteuerlichen Irrwege des deutschen Trickfilms zur Zeit des Nationalsozialismus: Der Bombenangriffe auf Berlin wegen lagerte Neumann 1944 einen Teil der Produktion nach Dachau aus, in ein Künstlerheim, nicht weit entfernt vom Konzentrationslager — dort wurden Menschen gequält und vernichtet, hier triumphierte der Edelkitsch um entflogene Kanarienvögel und schniefende Hundewelpen. Millionen wurden in das Projekt gesteckt. Heraus kam nicht viel mehr als heiße Luft. Nur ein Kurzfilm wurde bis Kriegsende fertiggestellt: ARMER HANSI, ein weiterer in Dachau begonnen und nach dem Krieg von der DEFA übernommen: PURZELBAUM INS LEBEN — aber das von Goebbels großspurig initiierte Unternehmen wirkt im deutschen Animationsfilm bis heute nach…