Es war ein Glücksfall. Gustav Freytag, mit Julian Schmidt zusammen der literaturkritische Tribun des Realismus, an dem kein Autor dieser Jahre vorbeikam, fand öffentlich Gefallen an Louise von François' erstem Roman “Die letzte Reckenburgerin” (1871), so dass die Autorin immerhin eine gewisse zeitgenössische Anerkennung und einen gewissen Nachruhm erlangen konnte. Leider nicht genug, wie ich meine. Zwar mag es sein, dass Storms Diktion edler ist, dass Fontanes hintersinnige Verweisungszusammenhänge einen raffinierten Ziseleur verraten … aber was den sog. “Realismus” betrifft und erst recht die Themenvielfalt: da kann die Dame den Herren locker zeigen, wo der Hammer hängt.
Während die ›großen‹ Realisten allesamt in den verschiedensten Gesamt— und Einzelausgaben immer wieder aufgelegt worden sind und noch werden, sieht es bei Louise von François recht mager aus; die beiden Werkausgaben (1918 fünf Bände im Insel Verlag, 1924 zwei Bände im Verlag der Literaturwerke “Minerva”, herausgegeben von Karl Weitzel — beide haben etwa den gleichen Umfang, wählen jedoch bei den Erzählungen unterschiedlich aus) geben kaum die Hälfte des Werkes. Deshalb:
Zu ihrem 200. Geburtstag hab ich's leider nicht mehr geschafft, dann eben mit etwas Verspätung:
Die Gesamtausgabe des erzählerischen Werkes.