Besonders beliebt bei den Leserinnen von Arztromanen ist der Themenbereich Frauenklinik. Gerade hier zeigt sich, wie wichtig eine sensible medizinische und vor allem auch seelische Betreuung für die Patientinnen ist, worauf die Leserinnen dieses Genres großen Wert legen. Die große Arztserie Klinik am See setzt eben dieses Leserinteresse überzeugend um.
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte.
Die Serie Die Klinik am See ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete. Sie selbst bezeichnete ihre früheren Veröffentlichungen als Vorübungen für dieses grandiose Hauptwerk. Ein Schriftsteller, dessen besonderer erzählerischer Wunsch in Erfüllung geht, kann mit Stolz auf sein Schaffen zurückblicken.
Sonja Melles stand in der kleinen Küche ihres Appartements und kochte, eine Tätigkeit, der sie sich schon lange nicht mehr hingegeben hatte. Sie hatte sich für ein chinesisches Gericht entschieden. Ihr Blick fiel auf die Uhr, Julian mußte gleich da sein. Er aß gern gut, und sie hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Sie beugte sich über den Topf, kostete und schnitt eine Grimasse. Sie hatte es nie nötig gehabt, in der Küche zu stehen. Vielleicht war es dumm von ihr, sich gerade heute auf dieses Experiment eingelassen zu haben. Sonja seufzte. Sie probierte den Reis, stellte erleichtert fest, daß er körnig war, dann band sie sich die Schürze ab. Julian war es nicht gewohnt, von Frauen empfangen zu werden, die Küchendüfte vor sich hertrugen. Mit raschem Blick überzeugte sie sich davon, daß nichts anbrennen konnte, dann eilte sie hinüber ins Bad. Sonja, die ihren Lebensunterhalt als Fotomodell und Mannequin verdiente, war es gewohnt, sich rasch zurechtzumachen. Als sie wenig später hörte, daß ein Schlüssel im Schloß umgedreht wurde, lächelte sie ihrem Spiegelbild zu. Julian Zirner betrat das Appartement. Seit über einem Jahr lebte er mit Sonja Melles zusammen, wenn man das überhaupt zusammenleben nennen konnte. Er war Filmregisseur und meistens unterwegs. Auch Sonja jettete durch die Welt, fast noch mehr als er. Modeaufnahmen in Paris oder New York standen auf der Tagesordnung. Obwohl sie bereits ihren vierzigsten Geburtstag gefeiert hatte, konnte sie über Arbeitsmangel nicht klagen. Im Herzen von Schwabing hatte sie sich ein Appartement gemietet, so oft es ging trafen sie sich daher hier in München.