Die längste Zeit lebten Menschen auf dieser Erde, denen jeder Begriff von Gleichheit fehlte. Bis zum heutigen Tag gibt es viele Gesellschaften und Völker, die allein vom Prinzip der Ungleichheit regiert werden. Dass die Idee der Gleichheit in die Welt trat, war daher keine Selbstverständlichkeit. Noch weniger dürfen wir für selbstverständlich ansehen, dass Menschen ihr Zusammenleben nach der Gleichheitsmaxime zu ordnen bemüht sind. Auch wenn heute das Gleichheitsdenken in den multikulturellen Demokratien des Westens für die gesellschaftlichen Diskurse beherrschend geworden ist. Zwar liegt mit den griechischen Stadtstaaten der erste große Gleichheitsversuch der Menschheit mehr als zweitausend Jahre zurück. Eine Kulturgeschichte der Gleichheit ist aber bislang nicht geschrieben worden. Martin van Crevelds Buch füllt diese Lücke. Zwei Befunde durchziehen seine Darstellung dabei wie ein roter Faden: Nicht Gleichheit, sondern Ungleichheit erweist sich als typisches Ordnungsprinzip menschlicher Gemeinschaft. Ungleichheit wirkt in der Geschichte sogar als kulturstiftend und kulturbefestigend. Immer dann aber, wenn Menschen den Versuch unternehmen, ihre Gesellschaft auf das Prinzip der Gleichheit zu gründen, kehrt die Ungleichheit bald machtvoll und oft blutig zurück. Unter der Fahne der Gleichheit herrscht am Ende größte Ungleichheit, im schlimmsten Fall einhergehend mit Millionen von Menschenopfern und grausamen Verbrechen. Van Creveld verfolgt den Weg der Gleichheit durch die Geschichte. Athen und Rom, der europäische Feudalismus, die Französische Revolution, der liberale und sozialistische Gleichheitsbegriff und schließlich die barbarischen Gleichheitsexperimente des 20. Jahrhunderts in der Sowjetunion und in China sind hierbei wichtige Wegmarken. Seine Theorie der Gleichheit entfaltet der Autor schließlich in profunder Vollständigkeit für unsere Gegenwart: In Betrachtungen zum Rassismus, zum vorgeblich großen Gleichmacher Tod, zum medizinischen Fortschritt, der den Tod abzulösen im Begriff steht, sowie zur modernen Inflation von Sonderrechte einfordernden gesellschaftlichen Gruppen (Fremde, Frauen, Homosexuelle, Behinderte), die qua positiver Diskriminierung eine ihnen nützliche Ungleichheit machthungrig und deutungsversessen bewirtschaften.